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Ein verantwortungsvoller Tourismus muss die soziale Komponente stärker in den Fokus rücken

Mehr Gefühl am Reiseziel

Tourismus muss von rein ökonomischer zu sozialer Orientierung finden

09. März 2023

Ein verantwortungsvoller Tourismus muss die soziale Komponente stärker in den Fokus rücken und sich von der rein ökonomischen Orientierung verabschieden. Das gab Professor Dr. Harald Pechlaner, Inhaber des Lehrstuhls Tourismus an der Katholischen Universität Eichstätt und Leiter des Zentrums für Entrepreneurship, bei seinem Vortrag auf dem ITB-Kongress am Messe-Donnerstag als eine der Lehren aus den jüngsten Krisen aus. Auch wenn es auf den ersten Blick so scheine, als sei der Tourismus nach der Pandemie einfach mit Macht zurückgekommen, mache die Branche jetzt die Erfahrung, dass nicht mehr alles erlaubt oder akzeptiert sei wie vorher, betonte er.

Allerdings habe die Pandemie Pechlaner zufolge auch gezeigt, dass Reisen unentbehrlich für das Gefühl der Freiheit ist. Neu sei aber, dass viele Destinationen nicht mehr nur auf Wachstum setzten, sondern sich teilweise bereits als „touristisch saturiert“ erklären und keine höheren Zahlen mehr haben wollten. Für Reisende wie für die meisten Ziele müsse gelten, „nicht nur ökonomischen Mehrwert, sondern neue Werte für ihr Geld“ und durch den Tourismus zu schaffen. Die Branche müsse sich umstellen und ein Destinationsgewissen entwickeln, anstatt lediglich Raum zu belegen und die Konsequenzen anderen zu überlassen.

Beifall erhielt Pechlaner auf dem Panel „Is Destination Thinking Still State Of The Art?“ von Dr. Heike Döll-König, Geschäftsführerin von Tourismus NRW. Sie kritisierte, dass bis vor kurzem niemand vom Tourismus als Cross-Sektor geredet habe: „Wir müssen kein Produkt verkaufen, sondern alle Stakeholder auch als ‚Kunden‘ begreifen und mit ihnen kooperieren“, sagte sie.

Bereits realisiert wurde dieses Modell in Malaga, das der Direktor der dortigen Tourismusbehörde, Jonathan Gómez Punzón, als „Silicon Valley Spaniens“ bezeichnete. Entsprechend durchdigitalisiert sei die Erfassung der Touristendaten, die nicht nur die Wege der Gäste, sondern auch ihre Emotionen erfasse und analysiere. Dies ermögliche auch zum Nutzen der Einwohner*innen die Optimierung der gesamten Infrastruktur.

Auf Vancouver Island in Kanada hat sich die gesamte Tourismusbehörde in ein „Social Enterprise“ umfirmiert, um sicherzustellen, dass Nachhaltigkeit und soziale Verantwortung bei allen Initiativen an vorderster Stelle stehen. „Die Einnahmen aus dem Tourismus sollen in wichtige soziale Projekte investiert werden, die sich von weltweit anerkannten Programmen und Prinzipien leiten lassen“, sagte Anthony Everett, Präsident des neuen Unternehmens „4VI“ (Fo[u]r Vancouver Island). „Habt keine Angst davor, den Status quo zu ändern“, gab er dem Publikum mit, und Pechlaner ergänzte: Es gehe darum, ein Zugehörigkeitsgefühl zwischen Reisenden und Bereisten zu schaffen, und dazu stünden digitale und soziale Interaktionsmöglichkeiten bereit. Sie müssten nun auch genutzt werden.

Thomas Rietig