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Das Revival der Pauschalreise

Die kritische Diskussion über die Zukunft der Pauschalreise ist in etwa so alt wie der ITB Berlin Kongress selbst. Skepsis schien in jüngeren Jahren legitim, auch angesichts der Insolvenzen der europäischen Schwergewichte Thomas Cook im Jahr 2019 und FTI Group in diesem Sommer und den im Vergleich zur Individualreise eher schleppenden Neustart nach der Covid-Pandemie. Ein Blick auf die aktuelle Lage im deutschen Veranstalter-Markt gibt Anlass zur Zuversicht. Reiseveranstalter gehören zu den Gewinnern im laufenden Touristikjahr.

Es war offenbar das tragische Ende der FTI Group, die dem Markt frische Kräfte verliehen hat. Denn der Kuchen im europäischen Veranstaltermarkt, insbesondere in Deutschland, wurde schlichtweg neu verteilt. Fast alle Anbieter verzeichnen Zuwächse. Das Geschäft läuft rund. „Die Reiselaune der Deutschen blieb im Sommer unverändert zuversichtlich. Viele Urlauber haben ihre geplanten und über FTI gebuchten Sommerreisen im Juni und Juli kurzerhand neu gebucht“, sagt Alexandra Weigand, Director Sales & Consulting beim Forschungsdienst Travel Data + Analytics (TDA).

„Der Urlaubsreisemarkt ist trotz des Marktaustritts von FTI definitiv zurück auf Erfolgskurs“, so Weigand. Allein bis Ende August hätten deutsche Urlauber rund 14,5 Milliarden Euro für ihren Sommerurlaub ausgegeben. Ohne die FTI-Insolvenz wären es noch einmal deutlich mehr gewesen, so Weigand. Bemerkenswert: Sowohl Frühbucher- als auch Last-Minute-Buchungen lagen im Jahr 2024 auf Höchstständen. Lediglich der Insolvenzmonat Juni hinterlässt laut TDA ein Minus in der Umsatzstatistik, das aber gut aufgeholt wurde. Ende August lagen laut TDA die Veranstalter-Umsätze zehn Prozent über dem Vorjahr. Für das gesamte Touristikjahr 2023/24 liegt das Umsatzplus bei zwölf Prozent (siehe Abb. 1). Auch die Vorausbuchungen für die jetzt laufenden Herbstferien stimmen zuversichtlich.

Abb. 1.: Ein dickes Plus im laufenden Touristikjahr mit einer gut kompensierten „FTI-Delle“ im Frühsommer. Die Buchungszahlen von TDA stimmen zuversichtlich.

Abb. 1.: Ein dickes Plus im laufenden Touristikjahr mit einer gut kompensierten „FTI-Delle“ im Frühsommer. Die Buchungszahlen von TDA stimmen zuversichtlich.

Aktuell gibt es kaum Anzeichen, dass sich das Wachstum im deutschen Veranstaltermarkt abschwächt. Auch für den Winter 2024/25 brummt das Frühbuchergeschäft. Bis August waren laut TDA beretis 40 Prozent des Pauschalreisevolumens der vergangenen Wintersaison gebucht. Damit lagen die Vorausbuchugnen 21 Prozent über dem Vorjahreswert.

Auch Andreas Wulfes, Geschäftsführer des Analyseunternehmens neusta Data Intelligence (neusta DI) blickt zuversichtlich auf das im November beginnende neue Touristikjahr. „Vieles spricht für eine stabile Entwicklung, sagt Wulfes. Ende September lagen die Buchungen von Pauschalreise für die volumenstarken Ziele auf der Kurz- und Mittelstarke für den Winter knapp über Vorjahreszeitraum. Lediglich Fernreisen schnitten im Winter 2024/25 etwas schlechter ab. Spitzenreiter bei den Vorausbuchungen im kommenden Winter, der auch das nachfragestarke Ostergeschäft beinhaltet, ist aktuell die Türkei, gefolgt von Spanien, Ägypten, Griechenland und Tunesien (siehe Abb. 2). Auf der Langstrecke hat laut neusta DI Thailand den Spitzenplatz von den Malediven übernommen, gefolgt von den Vereinigten Arabischen Emiraten, der Dominikanischen Republik und Mauritius.

Abb. 2.: Die Türkei festigt laut neusta DI auch in der Wintersaison ihren Spitzenplatz in der deutschen Pauschalreise, gefolgt von Spanien und Ägypten.

Abb. 2.: Die Türkei festigt laut neusta DI auch in der Wintersaison ihren Spitzenplatz in der deutschen Pauschalreise, gefolgt von Spanien und Ägypten.

Auf der Langstrecke ist noch Luft nach oben

In Summe liegen die bis September getätigten Pauchalreisebuchungen für Fernziele ab Deutschland bei den Veranstaltern für den kommenden Winter laut neusta DI 5,3 Prozent unter dem Vorjahreszeitraum. Die relative Zurückhaltung der deutschen Urlauber auf der Langstrecke passt zwar in die generell steigenden Ansprüche der Reisenden nach klimafreundlichen Reisen, ist aber für Ferndestinationen eine Herausforderung.

Noch ist unklar, ob das Minus bei Fernreisezielen ein dauerhafter Trend bleibt. Frühzeitiges Gegensteuern kann helfen. Allerdings sollten Veranstalter und Destinationen zeitnah in das Marketing investieren. „Wir wissen, dass Fernreisen deutlich früher gebucht werden“, sagt Michael Nisnik, Senior Data Scientist bei neusta DI. Im letzten Winter spielten sich nur 16 Prozent der Buchungen spielten sich zuletzt im Last-Minute-Zeitraum von einem Monat vor Abreise ab. Bei der Kurz- und Mittelstrecke seien es 27 Prozent gewesen.

Ernsthaften Grund zur Sorge sehen die Markanalysten jedoch nicht. „Wir gehen auch für 2025 von einem guten Touristikjahr aus, in dem sich Angebot und Nachfrage wieder stärker die Waage halten werden“, sagt Markus Heller, Geschäftsführer des Beratungsunternehmens Dr. Fried Partner und im Board of Expert der ITB Convention unter anderem für die Gestaltung des Tour Operator Tracks zuständig, der am 5. März 2025 stattfindet.

Die Balance zwischen Angebot und Nachfrage ist wichtig für eine stabile Preisentwicklung bei Pauschalreisen. Nachdem in den vergangenen zwei Jahren die Reisepreise deutlich stärker gestiegen sind als bei den Veranstaltern als die Zahl der Buchungen, könnte sich die Lage für die Urlauber im kommenden Jahr entspannen. Vieles spricht dafür, dass Pauschalurlaub im Sommer 2025 bezahlbar bleibt. Eine weitere „FTI-Delle“, die kurzfristig das Angebot verknappt und die Preise steigen lässt, ist nicht in Sicht. Und falls es doch zu Turbulenzen kommt, so zeigt sich der Veranstaltermarkt bemerkenswert resilient dagegen. Ein neues Rekordjahr ist in Sicht. Spätestens auf der ITB Berlin 2025 vom 4. bis 6. März 2025 ziehen wir Bilanz.

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