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Tourismus-Trends 2025: Zwischen Erfolg und Disruption

So erfreulich wie jetzt war es lange nicht. Das abgelaufene Jahr hat sich für den weltweiten Tourismus als nahezu ungetrübte Erfolgsgeschichte erwiesen. Während die Branche 2023 noch eine allmähliche Genesung von der Corona-Krise durchlebte, hielt 2024 für die meisten Unternehmen eine deutlich bessere Botschaft parat: Wir sind zurück in der Normalität! Wir sind zurück in der Erfolgsspur!

Tatsächlich haben Umsätze und Buchungszahlen in vielen Teilen der Welt und auf nahezu allen Ebenen der Wertschöpfungskette wieder das Vor-Corona-Niveau erreicht oder zum Teil bereits wieder übertroffen. Die Entwicklung auf dem deutschen Reisemarkt, wo die Zahl der Urlaubsreisen gegenüber 2023 von 65 auf 71 Millionen anstieg, steht dabei für einen Trend, der in ähnlicher Weise auf vielen Quellmarkten zu beobachten war. Auch andere wichtige Kundenmärkte wie die USA, Frankreich, Großbritannien oder die Volksrepublik China verzeichneten 2024 eine deutlich anziehende Nachfrage. „Das zurückliegende Jahr offenbart die Resilienz der Tourismusbranche. Vielerorts wurden Rekordzahlen erreicht“, registriert Caroline Bremner, Senior Head of Travel and Tourism Research bei Euromonitor International. Die Ergebnisse des Marktforschungsinstituts sind beeindruckend: Laut Euromonitor wurden 2024 im internationalen Urlaubs- und Geschäftsreiseverkehr weltweit 4,7 Billionen US-Dollar umgesetzt, ein Wert der nach Einschätzung von Bremner 2025 auf rund 5 Billionen US-Dollar steigen könnte.

Trotz steigender Preise bleibt die Reiselust ungebrochen

Bemerkenswert ist dabei, dass die Inflation der vergangenen Jahre mit zum Teil deutlich zweistelligen Preissteigerungsraten bei Airlines, Veranstaltern oder Hotellerie die starke Nachfrage kaum bremsen konnte. Trotz vielfach knapperer Budgets genießt die Entscheidung für eine mehrwöchige Urlaubsreise in dem meisten Haushalten eine weiterhin sehr hohe Priorität. Verstärkend wirkt hier noch immer das Nachholbedürfnis vieler Menschen als Reaktion auf die Lockdown- und Reisebeschränkungen der Corona-Jahre. Da sich dieser Sondereffekt künftig abschwächen dürfte, erwarten viele Beobachter, dass sich die Dynamik 2025 wohl abflachen, unter ähnlichen Rahmenbedingungen aber zumindest verstetigen wird. „Das Wachstum wird nachlassen, aber es wird sich fortsetzen“, prognostiziert Mitra Sorrels, Senior Vice President des New Yorker Marktforschungsinstituts Phocuswright, mit Blick auf den US-amerikanischen Reisemarkt.

Gefahren der Eintrübung sind jedoch nicht zu übersehen. Denn die hohen Preissteigerungsraten könnten bald auch dämpfend auf die Nachfrage wirken: „Der Wunsch nach einer größeren Urlaubsreise pro Jahr ist in vielen Haushalten unverändert groß. Doch wir sehen auch, dass die Buchungen für eine zweite Reise im Jahr bereits leicht rückläufig sind“, beobachtet Markus Heller, Managing Partner bei Fried & Partner. Vor dem Hintergrund weiterhin steigender Preise müsse die Branche darüber nachdenken, wie Urlaubsreisen künftig für die Breite der Bevölkerung bezahlbar bleiben können, fordert der Unternehmensberater.

Neue Wachstumsimpulse aus dynamischen Regionen

Wichtige Wachstumsimpulse für den weltweiten Tourismus sind 2025 aus Regionen mit starker Wirtschaftsdynamik, aber auch durch den zunehmenden Einfluss branchenfremder Akteure zu erwarten. Der massive Ausbau der Luftverkehrsinfrastruktur in den Golfstaaten, die stark wachsenden Reisebudgets einer neuen indischen Mittelschicht oder der Einstieg von Finanzinvestoren und Privat Equity-Firmen in den Tourismus sind Phänomene, die der ITB Berlin Kongress 2025 im Rahmen eigener Panel-Veranstaltungen analysiert.

Digitalisierung und KI: Revolution im Tourismus

Die Herausforderungen durch eine weiter voranschreitende Digitalisierung sowie die neuen Anwendungsmöglichkeiten Künstlicher Intelligenz bilden jedoch auch 2025 Generalthemen, denen sich Unternehmen auf nahezu allen Ebenen der Branche werden widmen müssen. Das Medien- und Buchungsverhalten der Verbraucher wirkt hier längst alle Taktgeber der Entwicklung. Laut Mitra Sorrels von Phocuswright werden mittlerweile 66 Prozent aller Reisebuchungen online abgewickelt. Sorrells erwartet, dass dieser Anteil bis 2027 auf über 70 Prozent steigen wird. Traditionelle Geschäftsmodelle von Reisebüros und Veranstaltern geraten dadurch weiter unter Druck, wie im vergangenen Jahr etwa die Pleite des deutschen Veranstalters FTI offenbarte - auch dies eine Entwicklung, der sich der ITB Berlin Kongress 2025 im Rahmen eines eigenen Panels widmen wird.

Künstliche Intelligenz: Chance oder Risiko?

Unübersehbar ist schon jetzt, dass sich die Digitalisierung des Geschäfts mit den Einsatzmöglichkeiten Künstlicher Intelligenz immer stärker verzahnt. „Immer mehr Buchungsvorgänge werden von autonomen KI-Agenten übernommen. Und diese Agenten werden stetig besser und smarter. KI wird in Unternehmen im Hinblick auf Datenmanagement und Datenanalyse künftig eine zentrale Rolle einnehmen“, prognostiziert Sorrels.

Die daran sich knüpfenden Hoffnungen der Branche sind mannigfaltig: Effizienzgewinne und Problemlösungen durch KI-gesteuertes Datenmanagement erwarten Experten auf so unterschiedlichen Gebieten wie Gästebetreuung, Margenverbesserung, der Verwirklichung von Nachhaltigkeitszielen oder der Lenkung von Besucherströmen. Inwieweit diese Ambitionen Aussicht auf Erfolg haben, lässt sich bisher kaum seriös beantworten. Eine Befragung unter Teilnehmenden des ITB Berlin Kongresses deutet darauf hin, dass die Integration von KI in die betrieblichen Abläufe bisher allenfalls in einem Drittel aller Unternehmen als abgeschlossen gilt. Der weitaus größere Teil des Marktes befindet sich in der Einführungs- oder Erprobungsphase, verfügt nicht über das notwendige Fachpersonal, scheut die notwendigen Investitionen oder betrachtet KI als wenig relevant für das eigene Geschäftsmodell. Jenseits dieser betriebswirtschaftlichen Probleme ergeben sich durch die KI-Revolution jedoch auch Fragen auf der Markt- und Wettbewerbsebene – etwa ob eine stärker KI-gesteuerte Tourismusbranche vor allem den großen Internet-Plattformen und Tech-Anbietern in die Hände spielt oder sich dadurch auch neue Räume für Mittelständler und Newcomer eröffnen.

Der Tourismus im Spannungsfeld globaler Entwicklungen

Der Innovations- und Anpassungsdruck bleibt somit auf vielen Ebenen hoch. Der wachsende Wunsch vieler Urlauber nach individuellen und „authentischen“ Reiseerlebnissen, die vielfältigen Herausforderungen des Klimawandels, die Möglichkeiten und Risiken komplexer neuer Technologien, aber auch die wachsende Instabilität geopolitischer Einflussfaktoren setzen den Tourismus aus unterschiedlichsten Richtungen unter Druck. Caroline Bremner von Euromonitor bringt die Situation auf den Punkt: „Die Branche ist stark, aber 2025 sieht sie sich mit einer Reihe von Unwägbarkeiten konfrontiert. KI und Donald Trump stehen für ein neues Zeitalter der Disruption. Das alles ist ziemlich aufregend, aber auch äußerst herausfordernd.“

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